Puh, zu Anfang fand ich die ja ganz schön doof und tat das auch ausgiebieg kund - ich kannte die ja gar nicht und da spazieren sie hier einfach so durch's Wohnzimmer. Wunderte mich mal wieder, dass alle meine Kumpels nach dem ersten Beschnuppern (oh, wow, Zeitung frei Haus! ;-) ) schnellstmöglich auf "gut Wetter" machten. Das ist echt ein bisschen seltsam, da tun sie am Anfang so, als ob sie die tollsten Wachhunde seien, und kaum haben sie die Nasen einmal an fremde Beine gedrückt, ist plötzlich alles heititeiti. Aber nicht mit mir, das kann ich Euch sagen! Wer fremd ist, ist fremd, und das ändert sich auch nicht so schnell! Find' ich nur logisch! War also die Einzige, die standhaft weiterhin anzeigte, dass die beiden hier nix zu suchen hatten - unser Rudelchef Jasper, den ich eigentlich sonst ganz cool finde, drückte sich einschleimend gleich an ein Bein - ein FREMDES Bein - und ließ sich beschmusen, Klein-Marbo wuselte wedelnd kreuz und quer und zwischendrin herum, Dreibein Pete hüpfte zwei vor und eins zur Seite, Hauptsache in die Nähe der streichelnden Hände und Rica, die Oberschleimerin, sprang der einen Fremden vor Freude fast auf den Arm - klar, die hat ja auch sonst nix zu tun als über 30 kg zu stemmen... Mannmannmann, Kinners, das kann doch nicht wahr sein!!! Das ist doch nicht normal, dass fünf Minuten nach Eindringen von Fremden ins Haus alle schon gut Freund sind. Also, damit das nochmal klar ist - mit mir nicht!
Zunächst hatten die auch irgendwie ganz viel zu besprechen mit meinem Frauchen, beachteten mich nicht weiter. Das war aber auch echt wieder komisch, da kommen die hier rein und beachten mein Gebelle nicht weiter, sondern setzen sich zusammen mit Frauchen in die Küche - musste ich gleich mal nachschauen gehen und gleich nochmal und nochmal. Plötzlich ein wunderbarer Duft - Schinkenwurst... Lief also hurtig in die Küche, da flog gleich ein Stückchen Wurst in meine Richtung. Roch zwar nach Eindringling, schmeckte aber nach Schinkenwurst, wie ich mich gleich vergewisserte. Also erstmal alles okay. Hatte ziemlich schnell raus, wie die Fremde funktionierte: Paar Schritte in ihre Richtung - Schinkenwurst. Nach ein paar Wiederholungen hatte sie das auch echt zuverlässig drauf und ich wiederholte das noch einige Male, damit sich ihr erlerntes Verhalten auch schön festigt. Aber auf einmal wurde sie bockig, es kam kein Wurststück geflogen, obwohl ich in ihrer Nähe stand. Das konnte doch wohl nicht angehen, also hab' ich mal nachgeschaut: Das Stück, was eigentlich hätte fliegen müssen, hielt sie in ihrer ausgestreckten Hand. Naja, kann ja mal passieren, dachte ich mir - nobody is perfect - und klaubte mir schnell das mir zustehende Wurststück zwischen den Fingern hervor. Aber damit bekam ich ein Problem - innerhalb dieses einen Ausnahmefalles hatte die Zweibeinerin wohl gelernt, dass das der normale Ablauf unserer Übung war, ich bemerkte das nicht direkt und ließ es wohl noch so ein-/zweimal durchgehen. War dann auch etwas verunsichert, weil sie plötzlich unvorhersehbare Reaktionen zeigte, wie z.B. mich anschauen oder stimmlichen Kontakt aufnehmen. Ich wusste nicht so wirklich, wie mir diese Entwicklung gefiel, aber es sollte noch schlimmer kommen...
Bevor ich Gelegenheit bekam, alles nochmal in Ruhe zu überdenken, ging Frauchen mit den Zweibeinerinnen in den Flur, befestigte Geschirr und Halsband samt Leine an mir und drückte diese der einen Zweibeinerin in die Hand. (- Hey, hömma, nee, das geht doch nicht, was soll denn das bitteschön werden, ich will das nicht und mach nicht mit) - doch plötzlich stand ich mit den Fremden in der Einfahrt und bevor ich noch was dagegen sagen konnte, nahmen sie mich auf einen Spaziergang mit. Gottseidank war der nur ganz kurz, und Ihr könnt Euch nicht vorstellen, wie erleichtert ich war, als sie umkehrten und es wieder nach Hause ging!!! Anschließend haben sie noch viel gefachsimpelt und die eine wollte immer ganz nahe an mich ran. Ich mochte aber nicht! - Nur weil man mich zu einem gemeinsamen Gang überrumpelt hat, war doch nun nicht die Zeit für Vertraulichkeiten gekommen... Dummerweise hielt Frauchen die Leine in der Hand, so dass ich nicht weg konnte, sie sah anscheinend gar nicht, in welche Bedrängnis mich das brachte. Als ich wirklich nicht mehr weiter wusste, blieb ich dann einfach stehen und habe so getan als ob ich nicht da wäre, nur leider klappte das nicht so ganz, aber immerhin habe ich so die unangenehmsten Momente überstanden und auf einmal zog sich die Fremde zurück, also hatte es wohl doch irgendwie Wirkung gezeigt.
Ich kann Euch sagen, ich war platt und alle nach diesem Vormittag und habe anschließend erst mal lange tief und fest geschlafen (nachdem ich mich vergewisserte hatte, dass die beiden auch wirklich wieder weg waren). Sowas brauch' ich nun aber nicht häufiger, nee, echt nicht!!!
Nein, meine Maus, so oft müssen wir das ja auch nicht wiederholen. Genau genommen würden ein paar Mal mit den richtigen Menschen ja schon ausreichen. Denn wir haben nun professionell bestätigt bekommen, dass es schon möglich sein sollte, für Dich ein eigenes Zuhause zu finden, denn in Deiner Angst bist Du nicht etwa aggressiv, und eine beginnende Gewöhnung an fremde Menschen tritt auch bereits viel schneller ein, als das noch zu Anfang Deiner Zeit bei uns der Fall gewesen ist. Es müssten nur endlich mal die richtigen Menschen auf Dich aufmerksam werden, Menschen, die es sich zutrauen, "Dich zu Anfang zu knacken" und vielleicht schon das Ausmaß der Bereicherung zu ahnen, die Du ihnen in ihrem Leben sein wirst. Dann werden sie nicht länger zögern, Dich endlich kennen zu lernen und werden sich auch nicht von der ersten ausweichenden, raunzigen Reaktion abschrecken lassen, denn so bist Du eigentlich gar nicht, und es ist machbar, Deine lebenslustige, clownige und vertrauensvolle Seite aufblühen zu lassen. Denn wer diese einmal gesehen und erlebt hat, der möchte ganz sicher nicht mehr ohne sie sein. Und dafür lohnt es sich ganz bestimmt, am Anfang ein wenig Geduld zu investieren! Versprochen!!!
Noly von der
Tierhilfe Chalkidiki/Griechenland e.V.
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